EU-Kommission schlampt bei der Bewertung von Umwelt- und Naturschutz

Um den Ausbau der A49 durch den Dannenröder Forst zu ermöglichen, hat die Bundesregierung wohl heftig getrickst. Und noch schlimmer: Die EU-Kommission hat sie trotz wiederholter konkreter Beschwerden gegen diese Trickserei gewähren lassen.

Und so lief das ab: Der Ausbau der Autobahn ist nur Dank einer Ausnahmegenehmigung durch die EU-Kommission erlaubt worden. Denn die EU-Habitatrichtlinie (FFH) verbietet generell einen solchen Bau in geschützten Natura-2000-Gebieten, zu denen auch der von dem A49-Bau betroffene angrenzende Herrenwald gehört.

Dazu hat die Bundesregierung einen Ausnahmeantrag bei der EU-Kommission gestellt und diesen mit einer ganzen Reihe von irreführenden und schlichtweg falschen Angaben zur Bewertung der Verkehrsaufkommens, der Luftverschmutzung, des Lärmschutzes und weiterer wichtiger Argumente für den Bau der Autobahn versehen.

Seit 2010 wurde die EU-Kommission auch immer wieder auf diese Fehler, u.a. von Umweltaktiven aus der Region um den Danneröder Forst, hingewiesen. Doch bis auf wenige kosmetische Änderungen hat die EU-Kommission die falschen Daten und Schlussfolgerungen akzeptiert und den Weg frei für die A49 durch den Danneröder Forst gemacht.

Hier die drei haarsträubendsten Fehler der EU-Kommission in der Ausnahmeprüfung:

  • Ein Auto, das durch fünf Dörfer fährt, wurde fünf Mal gezählt. Dadurch wurde die angebliche Entlastung der umliegenden Dörfer durch den Autobahnausbau dramatisch zu hoch eingeschätzt. 
  • Es wurde nur die Minderung der Lärmbelastung in einigen ausgewählten Ortsdurchfahrten bewertet, nicht aber die Lärmbelastung durch den Neubau selbst. Überdies wird die Lärmbelastung nicht auf die betroffenen Menschen bezogen. Die Zunahme der Lärmbelastung in dicht besiedelten Orten durch den Zufahrtsverkehr zur A49 wird also nicht proportional bewertet. 
  • Zur geschätzten Abnahme der Luftschadstoffe wurde wieder jede Ortsdurchfahrt einzeln gezählt wird – aber von der Autobahn selbst geht aber angeblich gar keine Schadstoffbelastung aus.

Auf solch einer Basis kann keine informierte Entscheidung über eine Ausnahmegenehmigung getroffen werden. Schon zu Beginn des Genehmigungsprozesses wurde die EU-Kommission auf diese Missstände hingewiesen – insbesondere von Reinhard Forst, der immer wieder auf die EU-Kommission zuging, erstmals vor 11 Jahren im Jahre 2010. Alle Beschwerden sind ignoriert worden. Da jetzt eine finale ablehnende Stellungnahme der zuständigen EU-Behörde vorliegt, hat sich nun die Möglichkeit eröffnet offiziell Beschwerde gegen die EU-Kommission bei der Europäischen Ombudsfrau einzulegen.

Das haben die Grünen im Europaparlament Jutta Paulus, Martin Häusling und Sven Giegold heute getan: Sie haben die Ombudsfrau gebeten, das gesamte Verfahren zu prüfen, denn diese Fehler im Genehmigungsprozess müssen behoben werden. Es muss geklärt werden, wie die Ungereimtheiten zustande kamen und wieso sie nicht durch die Prüfung der EU-Kommission aufgefallen sind.

Schon in der Vergangenheit haben Beschwerden bei der Europäischen Ombudsfrau Emily O’Reilly große Wirkung gehabt, z.B. beim Rücktritt des Kabinettchefs Martin Selmayr für Maladministration und der fragwürdigen Auftragsvergabe der EU-Kommission an BlackRock.

Zwar wird eine erfolgreiche Beschwerde die gerodeten Bäume nicht zurückbringen. Sie hat aber das Potenzial die Durchsetzung des EU-Naturschutzrechts in Zukunft zu verbessern. Zudem könnte die EU-Kommission verpflichtet werden, alle anderen Ausnahmeverfahren für die vielen anderen Autobahnprojekte in Deutschland neu auf zu rollen. Wir sind überzeugt, wenn die EU-Kommission und die Bundesregierung das EU-Umweltrecht richtig durchsetzen, schließt das viele Autobahnprojekte von vornherein aus. Denn die oberflächliche Prüfung der Einhaltung von EU-Recht beim Dannenröder Forst reiht sich ein in eine lange Liste anderer Fälle, in denen in Deutschland Verletzungen des EU-Umwelt- und Naturschutzrecht nicht ordentlich von der EU-Kommission verfolgt wurden.

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